Münchner High Society

Guten Abend, besser gesagt gute Nacht,

ihr erinnert euch vielleicht noch an einen Post von vor einiger Zeit, in dem meine Cousine – die liebe Goldmarie (fühl dich an dieser Stelle mal herzlich gedrückt) – von meinem Besuch bei ihr erzählt hatte.
Sie titulierte das Ganze mit „Münchner High Society trifft auf saarlannische Schlabbeflicker“ .
Ich habe  mir erlaubt ein paar Gedanken dazu zu machen.

Bereits damals – denn dieser Ausdruck kommt, wenn ich mich recht entsinne, aus einem Gespräch mit unserer Omi – hatte sie mich als High Society bezeichnet, was folgende Vorgeschichte hatte:
Ein gutes dreiviertel Jahr vor meinem Besuch war Goldmarie bei mir im schönen Bayern – das erste Mal seit … Gott was weiß ich wie viele Jahre. Jedenfalls, rechnet man zurück so kommt man ziemlich genau auf den Zeitpunkt des Münchner Oktoberfestes.
Die Wiesn – für viele das non plus ultra, für mich ist es ein Graus (aber das ist ja eigentlich unwichtig).
Also, es musste natürlich sein und wir fuhren vormittags mit der S-Bahn bereits auf die Theresienwiese.
Bevor ich jetzt noch groß herumschwafel und um den heißen Brei rede (wie ich es ja ganz gerne tue, aber … ihr seht) neben der Wies’n stand shoppen auf dem Programm und abends etwas trinken.
Und woher jetzt die „High Society“? Goldmarie bezog das damals auf mein Outfit, denn sie konnte sich nicht vorstellen bei ihr daheim könne man so herumlaufen ohne schief von der Seite angeguckt zu werden.
Um die Situation unserer Herkunft zu entschärfen: Hier auf dem bayrischen Land kassiert man auch schiefe Blicke, die Frage ist nur: Macht man sich etwas daraus?
Nein, ich lief‘ nicht im Chanel Kostüm über den Schotterplatz sondern trug einen schwarzen Bleistiftrock mit weißem Top und einem grauen Cardigan (nur an die Schuhe kann ich mich nicht mehr erinnern) – das prägte den Begriff „Münchner High Society“.

Warum ich heute, fast eineinhalb Jahre später darüber schreibe?
Nun, ich habe heute bei meinem Lieblingsasiaten das Essen für den gemütlichen Abend vor dem Fernseher geholt, es war Eishockey-Zeit.
Als ich den Laden betrat – meine Bestellung sollte eigentlich schon fertig sein, so dachte ich zumindest – waren jüngere Herren gerade dabei es sich an einem Tisch gemütlich zu machen. Leider war mein Essen noch nicht fertig, was zur Folge hatte dass ich den Eröffnungsbully verpassen würde.
Ich zog also meine Handschuhe aus, stellte meine Tasche auf der Heizung ab und beschloss zu warten und den jungen Männern zu lauschen. Es ging um eine Geburtstagsparty – es sollte wohl ein 18. werden und geplant war anscheinend es in einer „Absteige“ hier zu feiern, 600 € hätten sie eingeplant.
Ich konnte mir weder ein Lachen noch einen amüsierten Blick verkneifen, was die Aufmerksamkeit unweigerlich auf mich lenkte.
Wir begannen also uns darüber zu unterhalten, dass München durchaus mehr Möglichkeiten bieten würde. Ich selbst verwarf allerdings den Vorschlag schnell selbst, denn mit 16 und 17-jährigen lange in München feiern – so wie ich es einst tat – war nicht drin.
Also war mein iPhone mit dem Liveticker doch interessanter, primär.
Sekundär unterhielt ich mich weiter mit den Jungs, auch darüber was heute Abend denn so anstehen würde.
Neben Kunstarbeiten … Ich schweife wieder ab – entschuldigt.
Ich erzählte ihnen davon, dass ich jetzt gleich eine Live-Übertragung vom Eishockey sehen würde, den Beginn aber schon verpasst hatte.
Darauf hin meinte einer der Beiden: Die Gutaussehenden kommen immer  zum Schluss.
Sein Blick wandertere von meinen Lederhandschuhen zu meinem iPhone und blieben an der geliebten le Pliage hängen.
In dem Moment fragte ich mich was er für ein Bild von mir hat.
Ich konnte es schnell zusammenfügen, denn die nächste Frage war ob ich mir Eishockey auch in der Arena ansah.
Sein Blick wanderte herunter zu den (neuen) Fellstiefeln.
Ich nickte und sagte natürlich, dass ich des öfteren im Block zufinden war und das Spiel mit meinen Leuten ansah.
„Nicht im VIP-Bereich?“

Da war sie und der Schlag saß förmlich.
VIP-Bereich? Unweigerlich musste ich an die Geschichte der „Münchner High Society“ denken.
Was macht einen aus, um als „High Society“ zu gelten bzw so zu wirken?
In diesem Fall kann es nur das Äußere gepaart mit meiner Art gewesen sein – viele halten mich für arrogant, beim näheren Hinsehen erkennt man oft Gegenteilges, aber unwichtig … Um es klar zu stellen: Ich gehöre keiner High Society an, jedoch führe ich gerne mein High Live mit ein paar Highlights.
Und während für die High Society Benefizveranstaltungen auf dem Plan stehen so sind es für mich Eishockey- Abende.
Entweder vor dem Fernseher oder im Stadion.

Was das alles jedoch zeigt ist doch nur eines: Wir machen uns ein Bild vom Menschen wie er vor uns steht, wir machen fen ersten Kontakt daran fest was er trägt und wie er aussieht. Nichts anderes entscheidet, ob wir ein Wort an ihn richten oder nicht.
Es ist der schiefe Blick bei einem Bleistiftrock im Dorf, der meinen-zu-wissende Blick bei einer le Pliage von Longchamp, der erstaunte Blick bei einem lächelnden Mädchen, der abwertende Blick wegen lautem „Gegacker“ … Und jeder Blick steckt unser Gegenüber in eine Schublade. Und die Beschriftung der Schublade entscheidet ob wir uns mit dieser Person unterhalten wollen oder nicht.

Wir haben verlernt auch mal hinter die Fassade zu sehen, neigen dazu Menschen einzuordnen und erlauben uns nur aus diesem einen Blick uns eine Meinung über eben diesen zu bilden.

Wann ist der erste Blick der richtige Blick, wann sehen wir jemanden wirklich?

Ein Kommentar zu “Münchner High Society

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